Bd. 62 Nr. 5 (2020): atp magazin 5/2020

atp magazin 5/2020

Die mit weiterhin zunehmender Geschwindigkeit voranschreitende digitale Transformation ermöglicht es der diskreten und kontinuierlichen Fertigung, immer neue Optimierungspotenziale zu erschließen. Dennoch werden Produktionsanlagen, egal wie hoch automatisiert sie auch sind, nie aus sich heraus autonom funktionieren, wie Dr. Andreas Helget im Editorial dieser Ausgabe richtig feststellt.

Ohne Künstliche Intelligenz und neuartiger Software werden Algorithmen als Anlagenfahrer allerdings für immer eine Vision bleiben. KI kann allerdings in einigen ausgewählten Use Cases bereits heute ein großer Effizienz- und Produktivitätshebel sein und zeigt gemeinsam mit dem enormen Fortschritt im Bereich des autonomen Fahrens sowie der Robotik eindrucksvoll, dass sich selbst steuernde Produktionen längst keine Science Fiction mehr sind.

Bis sich Maschinen, Anlagen und Roboter allerdings selbst von der steuernden Hand des „Puppenspielers“ Mensch „befreien“, wird es sicherlich noch etwas dauern. Und selbst dann werden weiterhin wir es sein, die diese autonomen Systeme erzeugen und entscheiden, wie sie sich verhalten. Eine Rebellion der Maschinen, wie sie im Kino oft stattfindet, wird ausbleiben.

Das atp magazin 5/2020 bringt Sie auf den aktuellen technologischen Stand autonomer Systeme und wirft einen Blick in die Produktion der Zukunft, in der sie gemeinsam mit dem Menschen die Smart Factory prägen werden.

Die Interview-Highlights:

"Die Automatisierungsbranche ist unverzichtbar" (Dr. Jan Mrosik, ZVEI-FV Automation und Siemens AG)
Die Corona-Pandemie stellt die produzierende Industrie aber auch ganze Wertschöpfungs- und Lieferketten weltweit vor enorme Herausforderungen. Warum die Automatisierungsbranche gerade jetzt zeigt, wie wichtig sie für die gesamte Gesellschaft ist und wieso konsequente Digitalisierung jetzt mehr denn je
Vorteile bringt, erklärt Dr. Jan Mrosik, der neue Vorsitzende des ZVEI-Fachverbands Automation und COO Digital Industries bei Siemens, im atp-Interview.

Covid-19, Digitalisierung und die Zukunft der Arbeit (Prof. Dr. Martin Ruskowski, Andreas Huhmann, Klaus Stark, SmartFactory-KL)
Besonders während der aktuellen Corona-Pandemie zeigt sich einmal mehr: Die Digitalisierung wird für Unternehmen zum Rettungsanker. Doch wird durch das Virus die Veränderung unseres Arbeitsalltages beschleunigt? Fest steht: MobilesArbeiten funktioniert nur dann, wenn auch die Produktion digital kommunizieren kann, wie die Vorstände der SmartFactoryKL, Prof. Dr.-Ing. Martin Ruskowski, Klaus
Stark und Andreas Huhmann, im atp-Interview deutlich machen.

Die peer-reviewten Hauptbeiträge:

Effiziente Entwicklung von Produktionssystemen
Durch seine vielfältige und offene Architektur kann AutomationML in nahezu allen Domänen – egal ob im  Anlagen- und Maschinenbau oder auch in der Produktentwicklung eingesetzt werden. In diesem Beitrag widmen sich die Autoren dem Datenaustausch innerhalb einer lange vernachlässigten Werkzeuglandschaft: den mechanischen CAD-Systemen. Auch hier werden Hierarchien in Form von Baugruppen und Einzelbauteilen modelliert, die in AutomationML abgebildet und somit von einem CAD-Werkzeug ins andere übertragen werden können. Als Implementierungsbeispiel wählen die Autoren mit PTC Creo ein sehr prominent vertretenes MCAD-System, sodass der Vergleich mit der industriellen Praxis gegeben ist.

Automatische Konfiguration autonomer Robotersysteme
Die Autoren bringen zwei aktuelle Mega-Themen in einem Forschungsprojekt zusammen: Robotik und Künstliche Intelligenz. Dabei wird das sogenannte Reinforcement Learning, das vor allem im Bereich der autonomen Robotik vielversprechende Resultate liefert, auf dessen Anwendbarkeit in der  Handhabungstechnik hin überprüft. Neben den Chancen der zunehmenden Automatisierbarkeit von Lernprozessen werden auch die bestehenden Grenzen des Trial-and-Error-Prinzips sowie der Notwendigkeit einer Formalisierung der Aufgabestellung offen diskutiert.

Realisierung der NAMUR-Diode mittels Virtualisierung
Die NAMUR Open Architecture gilt als wesentlicher Treiber für M+O-Anwendungen in der Prozessindustrie.
Mithilfe der NAMUR- oder NOA-Diode wird versinnbildlicht, dass der zusätzlich eingeführte Kanal rückwirkungsfrei sein muss und keine äußere Einwirkung auf den Prozess zulassen darf. In diesem Beitrag
schlagen die Autoren eine aus der Netzwerktechnik bekannte Hypervisor-Technologie für die Realisierung
der Diode vor. Dazu wird der PikeOS-Hypervisor für die Implementierung eingesetzt. Der PikeOS-Hypervisor
integriert auch die aktuell weitläufig eingesetzte Docker-Technologie. Als Umsetzungsbeispiel dient
die Kommunikation zwischen einem am Lehrstuhl für Prozessleittechnik der RWTH Aachen entwickelten Leitsystem mit einer Cloud-Plattform.

Assistierte Risikobeurteilung für wandlungsfähige Montagesysteme
Plug-and-Produce-Szenarien sind der Traum einer jeden flexiblen Produktion. Leider machen die Notwendigkeiten einer Produktion bezüglich der Sicherheit von Mensch, Maschine und Umwelt, aber auch die hochkomplexen Kombinationsmöglichkeiten, oftmals einen Strich durch die Rechnung. Am Beispiel des Konzeptes „AutoSafety“ stellen die Autoren eine Lösung für ein softwarebasiertes Risikomanagementsystem vor, dass zur Laufzeit sicherheitskritische Daten auswertet und automatisch Risikobeurteilungen generiert. Ein weiterer Baustein in Richtung Plug-and-Produce.

Blockchain in Automatisierung und Industrie 4.0
Die Blockchain gilt als Schlüssel für sichere Transaktionen, in denen nachträgliche Änderungen erkannt
und zurückverfolgt werden können. Diese Eigenschaft macht sie auch für das Engineering von  Produktionssystemen interessant. Die Autoren erläutern die Anwendung der Blockchain-Technologie u. a. am Beispiel der Auftragsgesteuerten Produktion. So können alle am Produktionsprozess beteiligten Maschinen in einem lückenlosen Register gespeichert sowie die durchlaufenen Fertigungsschritte lückenlos und fälschungssicher nachgewiesen werden.

Veröffentlicht: 02.06.2020

Hauptbeitrag / Peer-Review