Bd. 63 Nr. 6-7 (2021): atp magazin 6-7/2021

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Vor zehn Jahren wurde die Initiative Industrie 4.0 ins Leben gerufen. Eine Initiative mit dem Ziel, Maschinen und Abläufe in der Industrie mit Hilfe von Informations- und Kommunikationstechnologie intelligent zu vernetzen. Dadurch soll die Produktion flexibler, die Fabrik wandelbarer, die Logistik optimiert und eine zirkuläre, ressourcenschonende Kreislaufwirtschaft ermöglicht werden.

In den vergangenen Jahren wurden bereits einige Hebel eingeführt, wie zum Beispiel das Module Type Package (MTP), die Verwaltungsschale und die NAMUR Open Architecture. Die Theorie ist so gesehen schon vorhanden, jetzt geht es an die Umsetzung, denn da hakt es in der Industrie noch ein wenig. Das bestätigt auch Dr. Attila Bilgic, CEO von Krohne: "Es gibt nach wie vor noch eine enorm große Lücke zwischen der bereits geleisteten konzeptionellen Arbeit und der Umsetzung in der industriellen Praxis."

Das soll sich nun aber ändern! Wir blicken im atp magazin 6-7/2021 auf die ersten zehn Jahre Industrie 4.0 unter anderem mit Stimmen aus der Community und einem Zeitstrahl zurück. Vor allem geht aber unser Blick in die Zukunft. Frische Impulse zur Umsetzung von Industrie 4.0-Konzepten finden Sie wie immer im atp magazin. Stoßen wir also damit an auf die kommenden zehn Jahre, in denen es heißt: Anschnallen! Jetzt geht es erst richtig los!

Die Interview-Highlights:

”Industrie 4.0 wird ohne APL nicht Realität“ (Dr. Attila Bilgic)
Nach wie vor hinkt die Prozessindustrie den digitalen Erwartungen rund um Industrie 4.0 deutlich hinterher, obwohl die technologischen Konzepte und Enabler längst vorhanden sind. Im atp-Interview blickt Dr. Attila Bilgic, CEO der KROHNE Gruppe und Vorstandsvorsitzender der VDI/VDE-GMA, auf zehn Jahre Industrie 4.0 zurück und erklärt, weshalb sich die Prozessindustrie in den nächsten Jahren auf einen großen Technologiesprung gefasst machen muss.

”Wir nehmen gerade erst so richtig Fahrt auf.“ (Eckard Eberle)
Industrie 4.0 feiert in diesem Jahr seinen ersten runden Geburtstag. Vor 10 Jahren erfolgte der Startschuss für die intelligente Vernetzung der Industrie. Exakt zu dieser Zeit wurde Eckard Eberle bei Siemens erst CEO von Industrial Automation Systems, um sich dann drei Jahre später als CEO der Prozessautomatisierung für die digitale Transformation einzusetzen. Der diplomierte Elektrotechniker zieht aus Sicht eines Leitsystemherstellers eine spannende Bilanz und sagt beim Blick über den Tellerrand noch spannendere Zeiten für die zweite Industrie 4.0-Dekade voraus.

Die peer-reviewten Hauptbeiträge:

Modellierung einer Fernwirkaußenstation mit AutomationML
AutomationML hat sich längst zu einem etablierten Standard für die Modellierung und den Austausch von Engineering-Daten entwickelt. In diesem Beitrag stellen die Autoren mit der Modellierung von sogenannten Fernwirkaußenstationen einen weiteren sinnvollen Use-Case für AML im Engineering von Automatisierungssystemen vor. Mit dem Fokus auf das Fernwirkprotokoll Dnp3 wird dargestellt, wie sowohl die Hardware als auch die Datenobjekte und deren Parameter auf Basis von entwickelten Modellierungsvorlagen abgebildet und so effizient zwischen Engineering-Werkzeugen ausgetauscht werden können.

Security Awareness für den Mittelstand
Angriffe aus dem Netz werden zu einer immer größeren Bedrohung – nicht nur für Großunternehmen, sondern auch für kleine und mittlere Unternehmen (KMU). Beispiele aus der Vergangenheit zeigen, dass sowohl Maschinensteuerungen manipuliert als auch die IT-Infrastruktur lahmgelegt werden kann. In diesem Beitrag präsentieren die Autoren die Möglichkeit einer ganzheitlichen IT-Security-Reifegradbestimmung für Unternehmen. Diese basiert auf dem anerkannten Standard IT-Grundschutz des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik. Über die theoretische Betrachtung hinausgehend wird ein software-unterstützer Fragenkatalog vorgestellt, welcher insbesondere KMU bei der Bestimmung des aktuellen Reifegrads unterstützt.

Mixed-Reality-in-the-Loop Simulation
Automatisierte Anlagen und Maschinen werden zunehmend komplexer und verlangen eine intensive Schulung des damit umgehenden Personals. Dies betrifft sowohl Anlagenfahrer als auch das Wartungspersonal. Aktuelle Schulungen finden oftmals an der realen Anlage statt und können erst spät, d. h. unmittelbar vor Produktionsstart, beginnen. Der Idee der Virtuellen Inbetriebnahme folgend
soll dies nun mit dem Engineering parallelisiert werden. In diesem Beitrag präsentieren die Autoren einen Ansatz, mit dem Hardware-in-the-Loop-Simulationen, wie sie für den simulationsbasierten Steuerungstests bereits erfolgreich im Einsatz sind, mit modernen 3D-Visualisierungen verknüpft werden. Durch die entstehenden Mixed-Reality-Applikationen können die Schulungen unter realitätsnahen Bedingungen bereits frühzeitig, reproduzierbar und ohne Gefährdungspotenzial für Mensch oder Maschine durchgeführt werden.

Von der OPC UA Companion Specification zum lauffähigen SPS-Code
OPC UA gilt als „enabling Technology“ für die Ideen rund um Industrie 4.0. Kein anderer Standard wird derzeit häufiger für höherwertige Modellierungs- und Datenübertragungsfunktionen oberhalb der Feldebene eingesetzt. Diese große Beliebtheit bedeutet gleichzeitig aber auch eine mittlerweile breite
Auswahl an sogenannten OPC UA Companion Specifications. Hierin werden neue Informationsmodelle auf Basis von vorhandenen OPC-UA-Elementen spezifiziert. Die Umsetzung einer damit konformen Anlagenautomatisierung erfordert heutzutage tiefgehendes OPC-UA-Wissen und stellt für Systemintegratoren eine wesentliche Herausforderung dar. In diesem Beitrag präsentieren die Autoren einen werkzeugunterstützen Workflow vor, der Systemintegratoren bei der Umsetzung einer neuen Companion Specification in den eigenen Produkten unterstützt.

Modellierung und Simulation von Automatisierungsgeräten
Im Rahmen einer virtuellen Inbetriebnahme wird oftmals großer Eifer in die Modellierung der Anlage gesteckt. Dabei werden beispielsweise komplexe Roboterkinematiken mit Reibung implementiert oder Rohrleitungssysteme mit geregelten Hochleistungspumpen mathematisch nachgebildet. Die Automatisierungsgeräte, wie beispielweise Sensoren, werden dabei jedoch häufig vernachlässigt. Gerade in der Prozessindustrie stellen diese jedoch einen wesentlichen Teil des im Simulationsmodells nachzubildenden Verhaltens dar und müssen getestet werden. In diesem Beitrag stellen die Autoren die dringende Notwendigkeit sowie unterschiedliche Technologien für die Modellierung von Automatisierungsgeräten vor und beschreiben die jeweilige Ausprägung. Darüber hinaus wird eine Methode für die teilautomatisierte Generierung der Modelle auf Basis vorhandener Gerätebeschreibungen dargelegt.

Veröffentlicht: 28.06.2021

Hauptbeitrag / Peer-Review