Bd. 65 Nr. 4 (2023): atp magazin

atp magazin 4/2023

Die nächste Evolutionsstufe der digitalen Transformation steht fest! Im Zuge der biologischen  Transformation verschmilzt modernste Technik mit den über viele Millionen Jahre perfektionierten  Konzepten der Biologie. In den vergangenen Jahren ist mit der Biointelligenz außerdem ein eigenes  Forschungsfeld entstanden, das insbesondere für die Automatisierungsindustrie einen neuen  Milliardenmarkt darstellt. Denn auch intelligente Bioreaktoren wollen gebaut, gesteuert und geregelt  werden.

„Die Biointelligenz wird das nächste große Ding“, ist sich auch Prof. Thomas Bauernhansl vom  Fraunhofer IPA sicher. Gemeinsam mit vielen Biotech-Unternehmen erforscht er die Potenziale der  biologischen Transformation und macht deutlich: „Die biologische Transformation öffnet uns neue Türen, dezentraler und in geschlossenen Stoffkreisläufen zu produzieren.“

Durch sogenannte Biointelligente Systeme, wie. z. B. Roboter, denen lebende Neuronen eingepflanzt werden mit denen sie riechen können, scheint erstmals möglich, was lange Zeit undenkbar schien:  Umwelt und Wohlstand in Einklang zu bringen.

Das atp magazin 4/2023 zur HANNOVER MESSE 2023 zeigt, wie stark die biologische Transformation nicht nur die industrielle Produktion, sondern unser gesamtes Leben beeinflussen kann und warum die Automatisierungsindustrie dabei eine so wichtige Rolle spielt.

Das Interview-Highlight:

"Biointelligenz bringt Umwelt und Wohlstand in Einklang"

Was passiert, wenn Digitalisierung und Biotechnologie verschmelzen? Es entsteht das Next Big Thing für die Automatisierungstechnik, wie Prof. Dr.-Ing. Thomas Bauernhansl, Institutsleiter des Fraunhofer IPA, im Interview enthüllt. Doch nicht nur für die Automation birgt die Biointelligenz enorme Potenziale, sie macht gedruckte Schnitzel möglich und ist damit der Schlüssel für unsere  umweltschonend produzierte Nahrung von morgen.

Die peer-reviewten Hauptbeiträge:

Modellbasierte PLT-Sicherheitsfunktionen datenbasiert überwachen
Die zuverlässige Überwachung von Prozessen gestaltet sich nicht immer einfach. Mal können wichtige Größen nicht reproduzierbar und manchmal gar nicht gemessen werden. Insbesondere in modellbasierten PLT-Sicherheitsfunktionen werden aber gerade solche unsicherheitsbehafteten Prozessmesswerte zur Berechnung von nicht direkt beobachtbaren Abschaltwerten verwendet. Der Beitrag stellt hierzu das Verfahren der multivariaten statistischen Prozesslenkung als Ergänzung etablierter Online-Diagnosefunktionalitäten vor. Dieses besitzt das Potenzial, den Diagnosegrad signifikant zu erhöhen und sicherheitstechnische sowie qualitätsrelevante Anomalien jenseits der typischen Sensorfehler aufzudecken.

Virtuelle Inbetriebnahme in der Maschinenautomatisierung
Die Virtuelle Inbetriebnahme bildet seit Jahren ein standardisiertes und etabliertes Verfahren des simulationsgestützten Testens von Automatisierungssystemen. Der vorliegende Beitrag bildet eine Industriesicht auf dieses Thema und ordnet die bekannten Test-Verfahren MIL, SIL und HIL den potenziellen Anwendungsbereichen im Maschinen- und Anlagenbau zu. Darüber hinaus werden Entscheidungskriterien für die jeweils passende Anwendung und VIBN-Methode entwickelt, die im Alltagsgeschäft helfen können. Den Abschluss des Beitrages bilden beispielhafte Anwendungen von SEW, welche die notwendige VIBN-Architektur beschreiben.

Software in Cyberphysischen Produktionssystemen
Cyberphysische Produktionssysteme (CPPS) bilden eines der Herzstücke von Industrie 4.0. Als Synonym für die Vernetzung von Maschinen und Anlagen sowie die Abbildung von virtuellen Assets im Industrial Internet of Things (IIoT) sind CPPS jedoch vielfach noch schwer umzusetzen. Insbesondere kleine und mittlere Unternehmen tun sich nach wie vor schwer damit, das bestehende Potenzial effizient in die Realität umzusetzen. Oftmals steht die Komplexität – insbesondere im Bereich der Software – den Vorteilen im Weg. Der Beitrag untermauert die bestehenden Hürden auf Basis eines interdisziplinären Workshops, der 2021 zu den Herausforderungen der Entwicklung von CPPS geführt wurde. Die Autoren
stellen die Kernaussagen der Teilnehmer dar und geben Hinweise zu potenziellen Lösungen.

Ein Reinforcement-Learning-Ansatz für die Optimierung von Heizkurven
Nicht erst seit den jüngsten geopolitischen Ereignissen wird es allen bewusst, dass Energie knapper und teurer werden wird. Dies betrifft sowohl Industrieprozesse als auch den Verkehr und die Gebäudeversorgung. Initiativen, wie die in vielen Büros eingestellten 19 °C waren im vergangenen Winter die Folge. Auch unabhängig von Krisen ist ein effizienter Umgang mit Heizenergie notwendig. Der Beitrag behandelt hierzu den Einsatz von KI-gestützten Verfahren für die Optimierung von
Heizkurven in Bürogebäuden. Hierbei wird Reinforcement Learning genutzt, um solar stark  aufheizende Räume am Tag und vergleichsweise kühle Nächte regelungstechnisch in Einklang zu bringen. Über die theoretischen Ansätze hinausgehend, geben die Autoren   Handlungsempfehlungen für die Integration der neuartigen Regelungen in bestehende Gebäude.

Biointelligente Produktionssysteme
Der in jüngster Zeit aufkommende Begriff Biointelligenz ist eine Reaktion auf die Ressourcenknappheit sowie die nachhaltige Produktion im Zuge einer zirkulären Wirtschaft. Das Abschauen von Prinzipien aus der Natur hat sich bereits seit Jahrzehnten im Fachgebiet der Bionik niedergeschlagen. Die Biointelligenz erweitert diese Prinzipien um die Fähigkeiten einer modernen, lokalen und modularen Produktion. Im Beitrag geben die Autoren Definitionen und vertiefen diese anhand von Beispielen. Ziel ist es, den Leserinnen und Lesern des atp magazins einen Zugang zu diesem neuartigen Forschungsfeld zu geben.

Veröffentlicht: 12.04.2023

Hauptbeitrag / Peer-Review