Bd. 62 Nr. 1-2 (2020): atp magazin 1-2/2020

atp magazin 1-2/2020

Die vergangene NAMUR-Hauptsitzung hat deutlich gezeigt, was hinter vorgehaltener Hand schon seit einiger Zeit prognostiziert worden ist: Die Automatisierungspyramide bleibt zwar noch unangetastet, aber die Prozessindustrie ist auf dem besten Weg, sie zu aktualisieren. Das Mittel dafür, so viel wurde im November in Bad Neuenahr klar, ist hochvernetzte und gekapselte Dezentrale Intelligenz im Feld.

Mit der NAMUR Open Architecture (NOA), dem Module Type Package (MTP) und der Verwaltungsschale stehen die Protagonisten für den Umbau der Automatisierungspyramide auch schon für den Praxiseinsatz bereit. Kaum eine Vortragsfolie auf der NAMUR-Hauptsitzung kam ohne ein Dreieck (NOA), Kreis (NOA) oder den RAMI-4.0-Würfel aus.

Doch welche Kombination dieser Technologien ist die richtige, um den Jackpot der digitalen Transformation
zu gewinnen? Noch streiten sich die Experten, wie Dreieck, Kreis und Würfel kombiniert und orchestriert werden müssen, um die Prozess- und Verfahrenstechnik in die digitale Welt zu überführen. Der Jackpot 4.0 wurde noch nicht geknackt.

Das atp magazin 1-2/2020 bietet Ihnen zwar keine Musterlösung, dafür aber hochqualitatives Grundwissen und einen umfassenden Überblick. Die Walzen drehen sich noch, so viel steht fest. Wie hoch ist Ihr Einsatz?

Die Interview-Highlights:

"Wir kommen von der Pyramide zum Netzwerk" (Roland Bent, Phoenix Contact)
Die Verschmelzung von OT und IT war das beherrschende Thema der NAMUR-Hauptsitzung 2019 und stand auch im Sponsorvortrag von Phoenix Contact im Fokus. Mit der Enhanced Connectivity präsentierte das Unternehmen aus Ostwestfalen-Lippe eine Ausgestaltung der NOA-Architektur, die genau dieses Versprechen einlösen soll. Im atp-Interview offenbart Roland Bent, Chief Technology Officer von Phoenix Contact, was hinter dem Konzept steckt und welche Auswirkungen es auf die Automatisierungspyramide hat.

"Wir stehen immer noch vor dem Henne-Ei-Problem" (Dr. Andreas Schüller, Yncoris GmbH)
Auf der NAMUR-Hauptsitzung 2019 las Dr.-Ing. Andreas Schüller, Fachplaner Automatisierungstechnik bei Yncoris, der versammelten Elite der Prozessindustrie in seinem Plenarvortrag „Digitalisierung in der Prozessindustrie – Warum bekommen wir sie nicht zum Fliegen?“ die Leviten. Was jetzt zu tun ist, damit die digitale Transformation der Verfahrenstechnik dennoch abhebt, offenbart Dr. Schüller im Gespräch mit Dr. Thomas Tauchnitz, Chefredakteur Industry des atp magazins.

"Die Sensorik muss in die Planung integriert werden" (Verena Graf, NCTE AG)
Sensoren sind die Sinnesorgane von Industrieanlagen und erzeugen die Datenbasis, ohne die moderne Analysemethoden, ob in der Cloud oder vor Ort auf dem Shopfloor, weitestgehend nutzlos wären. Dennoch wird den Augen, Ohren und Händen der Anlagen noch nicht genug Bedeutung beigemessen, wie Verena Graf, Vorstand des Sensorikspezialisten NCTE AG, im Interview deutlich macht.

Die peer-reviewten Hauptbeiträge:

Verwaltungsschalen als Wegbereiter für das Pumpen-Monitoring
Wer wie die BASF hunderte oder tausende von Pumpen überwachen will, braucht deren Daten. Da hilft es, alle mit einer durchgängigen Struktur für Daten und Funktionen zu beschreiben. Für das Monitoring von Pumpen hat ein VDMA-Arbeitskreis ein Teilmodell der Verwaltungsschale definiert. Die Funktion wurde auf der NAMUR-Hauptsitzung an acht Pumpen demonstriert.

Impulse zur Nutzung smarter Sensoren und Aktoren
Klar, Sensoren sind „nur“ Feldgeräte. Aber da sie immer intelligenter werden, können sie mehr: über einen zweiten NOA-Datenkanal mit der Monitoring- und Optimierungs-Domäne sprechen, ihren Kalibrierungszustand überwachen, lokale Regelungen durchführen. Dieser Artikel führt Sie über die heutigen Grenzen hinaus.

Autonome Anlagen und Remote Operation
Remote Operation ist mehr als nur Messwarten zusammenlegen – und sie funktioniert nur bei hoch automatisierten, zumindest teilweise autonomen Anlagen. Voraussetzung ist auch, den zweiten NOA-Datenkanal zu nutzen, um mehr Anlagendaten zu haben als das PLS. Zunächst stellt der Beitrag verschiedene Modelle zur Klassifikation zusammen. Anschließend werden Betreibererfahrungen wiedergegeben.

NAMUR-MTP für Plug-&-Operate in produktionsnaher Logistik
Das MTP (Module Type Package) wurde für modulare Prozessanlagen entwickelt. Logistik hatte damals niemand im Blick. Doch der Logistik-Arbeitskreis der NAMUR berichtet in seinem Beitrag an Praxisbeispielen, dass das MTPKonzept hier perfekt passt und ein Zusammenstecken der Logistikketten ermöglicht. Außerdem weist er auf notwendige Ergänzungen hin.

Skalierbare Smart-Kameras für die Inline-Inspektion
Was tun, wenn die Optik einer Kamera noch gut ist, die „Intelligenz“ der Kameraelektronik aber nicht mehr reicht? Der Beitrag schlägt vor, die Kamera dann mit der Cloud zu verbinden zur einer „cloudbasierten Smart-Kamera“. Eine solche hybride Systemarchitektur könnte auch für andere Geräte sinnvoll sein.

Veröffentlicht: 21.02.2020