Bd. 64 Nr. 3 (2022): atp magazin 3/2022

atp magazin 3/2022

Um in Zukunft eine klimaneutrale Gesellschaft und Industriezu ermöglichen, ist eine intelligente Verteilung und  Speicherung der im Stromnetz vorhandenen Energie systemkritisch. Für ein solches Smart Grid, also eine Vernetzung aller Akteure in den verschiedenen Energiesystemen und -kreisläufen, gibt es bereits verschiedenste Konzepte.

Auch die dafür notwendigen Technologien (Digital Twin, Verwaltungsschale, Simulation, Modellierung, KI, MTP, APL, MSR) werden nicht zuletzt im atp magazin stetig vorangetrieben und diskutiert.

Der Automatisierungstechnik kommt bei der Realisierung des Smart Grid daher eine entscheidende Rolle zu. Schließlich gilt es, verschiedenste Stromerzeugungsmethoden mit den unterschiedlichsten Netzanforderungen und Use Cases intelligent zu verbinden und interoperabel zu gestalten.

Viele Unternehmen der Branche haben das bereits erkannt und erweitern ihr Know-how und ihr Produktportfolio entsprechend in Richtung Speicher- oder Infrastrukturtechnologien.

Wie genau eine konkrete Blaupause für das Smart Grid der Zukunft aussehen kann, zeigt das  vorliegende atp magazin 3/2022. Darüber hinaus machen wir deutlich, wie wichtig die oben genannten Technologien für intelligente Energiesysteme wirklich sind.

Die Interview-Highlights:

"Wir müssen und werden uns weiterentwickeln"
Bereits seit November 2021 ist Sascha Dessel neuer Geschäftsführer der VDI/VDE-Gesellschaft Mess- und Automatisierungstechnik (GMA) und damit Nachfolger von Dr. Dagmar Dirzus, die die Geschäfte der GMA seit 2012 leitete. Im Interview verrät er, wie sich die VDI/VDE-GMA weiterentwickeln muss, um auch in Zukunft die Belange der Automatisierungstechnik zu repräsentieren und warum Neugierde dabei eine entscheidende Rolle spielt.

"Wir wollen das Maximum aus Brennstoffzellen herausholen"
Die Brennstoffzelle als Antriebstechnologie hat sich bislang noch nicht flächendeckenddurchsetzen können. Dabei hat sie durchaus das Potenzial, besonders die Elektrifizierung der Mobilität nachhaltig zu verändern, wie Prof. Dr.-Ing. Dirk Abel, Leiter des Instituts für Regelungstechnik der RWTH Aachen University, und Dr.-Ing. Thomas Konrad, Abteilungsleiter Energiesysteme am selben Institut, im
Interview klarstellen. Zentraler Enabler dafür: die Regelungstechnik.

"Digitalisierung durch Messtechnik zugänglich machen"
Durch immer mehr marktreife Produkte und Lösungen nimmt die Digitalisierung auch in der Prozessindustrie weiter an Fahrt auf. Björn Holweck, Business Development Manager für  Durchflusstechnologie, und Daniel Henningsen, Fachberater für Instrumentierung und Gasanalyse, treiben die Transformation bei Siemens Digital Industries voran und erklären im Interview, welche neuen Chancen Herausforderungen sie für den Vertrieb mitbringt.

Die peer-reviewten Hauptbeiträge:

Kriterien für die Strukturanalyse von Steuerungscode
Verteilte, dezentrale und teilweise autonome Systeme stellen das Engineering von Automatisierungslösungen vor zunehmend komplexere Herausforderungen. Es müssen sowohl
Anlagenteile orchestriert und Signalwege hergestellt werden als auch verzweigte Code-Strukturen
in deren Gesamtheit vorgedacht werden. Der Entwurf von SPS-Software muss dahingehend neue Methoden berücksichtigen, um die nachfolgenden Phasen zu entlasten. Hierzu zählt beispielsweise die intensive Suche nach Fehlern während der Inbetriebnahmephase. In diesem Beitrag beschreiben die Autoren Wege, wie sich bekannte Methoden im Entwurf von Steuerungscode anwenden lassen, um insbesondere die Struktur von SPS-Code frühzeitig analysieren zu können.

CO2-Neutralität und Energieeffizienz
Die nachhaltige Senkung von klimaschädlichen Abgasen sowie die Vermeidung von ineffizientem
Anlagenbetrieb gerät immer mehr in den Fokus. In diesem Beitrag erläutern die Autoren die Bedeutung der Automatisierungstechnik zur Erfüllung dieser hochgesteckten Ziele am Beispiel der Bayer AG. Dabei werden unterschiedliche Projekte und Zusammenhänge am Beispiel der Prozessindustrie erläutert. Gleichzeitig werden aktuelle Normen und deren Bedeutung für eine konkrete CO2-Reduzierung in modernen Anlagen benannt. Als Best-Practice-Beitrag stellen die Autoren konkrete Maßnahmen beziehungsweise Methoden vor, die bereits heute angewendet werden können.

Auslegung einer Power-to-Gas-Anlage
Power-to-Gas-Anlagen gelten als wichtige Brückentechnologie für die Dekarbonisierung in  Deutschland. Das Power-to-Gas-Verfahren bietet einen Lösungsansatz für die Substitution fossiler Brennstoffe. Elektrische Energie wird im Rahmen der Elektrolyse zur Spaltung von Wasser in seine atomaren Bestandteile Wasserstoff und Sauerstoff verwendet. Wasserstoff kann als gasförmiger Energieträger gespeichert und bei Bedarf eingesetzt werden. In diesem Beitrag beschreiben
die Autoren Simulationsstudien, im Rahmen derer untersucht wurde, wie sich die Dimensionierung der
Power-to-Gas-Anlage auf die Parameter Ressourcennutzung, Auslastung und Wirtschaftlichkeit auswirkt. Dabei werden unterschiedliche Einflussfaktoren berücksichtigt, um einen möglichst energieeffizienten Betrieb sicherzustellen.

Digitally Enabled Circular Economy with Industry 4.0
Aktuelle globale Entwicklungen erfordern ein Umdenken bezüglich der traditionellen  Wirtschaftsmodelle. Dabei tritt die zirkulare Wertschöpfung Vordergrund, bei der bereits geförderte Rohstoffe und hergestellte Komponenten im Mittelpunkt stehen. In diesem Beitrag werden die Anforderungen der Kreislaufwirtschaft diskutiert und mit aktuellen Entwicklungen im Bereich Industrie 4.0 abgeglichen. Dabei werden nach wie vor bestehende Herausforderungen bei der digitalen  Infrastruktur aufgedeckt. Um dem zu begegnen, wird die Vision eines Long Term Storage Digitalen Zwillings vorgestellt und dessen Nutzung anhand von verschiedenen Use-Cases skizziert.

Brennstoffzellensysteme: die Regelung als zentraler Wegbereiter (Teil 2)
In Fahrzeugen erfordern Brennstoffzellen eine ausgeklügelte Regelung, um effizient betrieben zu werden. Im Spannungsfeld zwischen Langlebigkeit der Zellen und möglichst effizientem Einsatz von Wasserstoff begegnen die Autoren einem spannenden Anwendungsfeld modellbasierter Methoden.
Aufbauend auf dem 2021 veröffentlichten ersten Beitragsteil stellt der zweite Teil einen modernen und intuitiven Regelungsansatz dar, um das multivariable, gekoppelte und beschränkte Regelungsproblem zu lösen. Die Funktionsfähigkeit des entwickelten modellprädiktiven Entwurfs wird anhand von zwei Szenarien simulativ validiert.

Veröffentlicht: 03.03.2022

Hauptbeitrag / Peer-Review