Bd. 63 Nr. 09 (2021): atp magazin 09/2021
Die Fabrik der Zukunft besteht aus einer Rundum-Vernetzung. Industrie 4.0 und die Digitalisierung schaffen neues Potenzial, um Anlagen effizienter, verlässlicher und produktiver arbeiten zu lassen. Am Himmel der neuen, bahnbrechenden Technologien, die dieses Ziel unterstützen und eine umfassend vernetzte Fabrik ermöglichen, stehen jetzt zwei neue Sterne: 5G und Ethernet-APL. Diese zwei Kommunikationstechnologien erobern jetzt die Industrie.
Der neue Kommunikationsstandard 5G und die 2-Draht-Technologie Ethernet-APL (Advanced Physical Layer) revolutionieren die Produktion. Sie stehen beide für eine sichere Kommunikation über große Entfernungen hinweg und ermöglichen so ein effizientes Engineering. Seit die Lizenzvergabe des smarten Mobilfunkstandards 5G nicht nur für den privaten, sondern auch für den Industriesektor eröffnet wurde, gab es einen ersten wichtigen Schwung der Revolution. Mit APL gehen nun zwei Technologien in den Ring.
APL und 5G sind allerdings keine Kontrahenten. Das unterstreicht auch Gerd Niedermayer von der BASF im atp-Interview: „Bei 5G sieht es so aus, dass man es nach wie vor noch für mobile Anwendungen benötigt. In einer Neuanlage ist APL sinnvoll und kostensparend, in einer Bestandsanlage kann die Nachrüstung mit Funk einfacher sein.“ Damit können alle Anlagenbetreiber sich freuen und laut ausrufen: „Viva las Enablers!“
Die Interview-Highlights:
„Profibus PA und DP brauche ich nimmer“ (Gerd Niedermayer)
Es gibt einen neuen und innovativen Fixstern am Himmel der Kommunikationstechnologie: Ethernet Advanced Physical Layer (APL). APL ist Teil des weit verbreiteten Ethernet-Standards, der speziell für anspruchsvolle industrielle Anwendungen entwickelt wurde, und erfüllt in der Prozessindustrie den Wunsch nach einer sicheren Kommunikation mit hoher Geschwindigkeit über große Entfernungen
hinweg. Im atp-Interview beleuchtet Gerd Niedermayer, Senior E&I Engineering Manager bei BASF, die Vorteile dieser neuartigen Kommunikationstechnologie.
„5G ist weit mehr als nur ein besseres WLAN!“ (Andreas Müller)
Die Fabrik der Zukunft ist rundum vernetzt. Mit der Einführung des neuen Kommunikationsstandards 5G rückt dieser Traum in greifbarer Nähe, da er vor allem eine hochzuverlässige und echtzeitfähige Kommunikation zwischen Aktorik, Sensorik und Steuerungsintelligenz ermöglicht. Im atp-Interview erläutert Andreas Müller, Leiter des Bereichs „Communication und Network Technology“ innerhalb des
Zentralbereichs Forschung und Vorausentwicklung der Robert Bosch GmbH, warum die fünfte Mobilfunk-Generation ein wichtiger Enabler für die Smart Factory sein wird.
Die peer-reviewten Hauptbeiträge:
Modulare Anlagenpraxis
Der vorliegende Artikel geht auf die Fragen der Interoperabilität zwischen Komponenten einer modular gestalteten Prozessautomatisierungsanlage mit dem Schwerpunkt Kommunikation über OPC UA ein. Die Richtlinie VDI/VDE/NAMUR 2658-5.1 ist technische Grundlage, deren praxisnahe Umsetzung hier erläutert werden soll.
Ethernet-APL für die Prozessautomation
Ethernet-APL bringt Zweidraht-Ethernet in das Feld der Prozessindustrie. Die neue Technologie ermöglicht eine anlagenweite, durchgängige Infrastruktur zur Daten- und Energieübertragung. Sie erschließt Feldgeräte in explosionsgefährdeten Bereichen für die einfache Anwendung von Industrie 4.0. Dieser Beitrag gibt einen Überblick über die Ethernet-APL Spezifikation und einen detaillierten Einblick in die Technik hinter APL, mit der es möglich wird Ethernet unter den besonderen Bedingungen in der Prozessindustrie einzusetzen. Außerdem wird gezeigt, wie bestehende Feldbusinstallationen zu Ethernet-APL migriert werden können.
5G and NOA: Enabling accessto valuable hidden data
The NAMUR Open Architecture (NOA) represents a concept for simple and secure digitization as well as communications with the classical automation pyramid to enable Industry 4.0 for process automation. In this concept, devices that previously had only one communication path within the operative technology (OT) world receive a controlled second communication path where NOA enables monitoring and optimization applications. The challenge lies in retrofitting communication in brownfield plants, where a large proportion of field devices and many control devices currently only have analog and/or (proprietary) OT communication. In this paper, we introduce 5G with its standards and show that these technologies are very promising for retrofitting communication from the OT to the IT-world of NOA. This makes it possible to retrofit NOA, but also forms the basis for future Industry 4.0 scenarios which do not involve the automation pyramid.
The Ethernet-APL Engineering Process
The vision of an “Industrial Ethernet down to the sensors and actors” has become reality. At the Achema fair in June 2021 Ethernet-APL was introduced. This technology is based on a 2-wire Ethernet that conveys information as well as energy to the sensors and actuators of the automation system. Ethernet-APL is based on 2-wire Ethernet standard IEEE 802.3cg [1] running at 10 Mbit/s. An additional specification, the Ethernet-APL Port Profile Specification [2], defines additional parameters for the use of the technology in the process industry, especially in areas with potentially explosive atmospheres. As a next step, potential users need to become familiar with the engineering process of Ethernet-APL networks. For this purpose, the Ethernet-APL project provides the Ethernet-APL Engineering Guidelines [3] that cover the main areas of planning, installation and acceptance testing.
Funktionale Sicherheitfür modulare Anlagen
Die Flexibilisierung modularer Anlagen stellt die Vorgehensweisen zur Risikoreduktion mit PLT-Sicherheitseinrichtungen vor neue Herausforderungen. Um Flexibilitätseinbußen zu verringern, muss der gesamte Sicherheitslebenszyklus sowie die darin enthaltenen Tätigkeiten für die Anforderungen der modularen Automation angepasst werden. In diesem Beitrag werden die bestehenden Sicherheitslebenszyklusmodelle aus IEC 61508 und IEC 61511 hinsichtlich ihrer Eignung für die Anwendung in modularen Anlagen untersucht. Dafür werden die Anforderungen aus Sicht der Process Equipment Assemblies und modularen Anlagen aufgelistet, die einzelnen Phasen der Normen dagegen verglichen und entsprechend ihrer Eignung bewertet. Zur Evaluierung wurden die abgeleiteten Sicherheitslebenszyklen im Rahmen mehrerer Fokusgruppen-Workshops mit Fachexperten auf die Erfüllung der normativen Anforderungen sowie auf Vollständigkeit und Durchführbarkeit geprüft. Das Ergebnis ist jeweils ein Sicherheitslebenszyklus für das PEA- sowie das Anlagenengineering, in dem die Anforderungen umgesetzt wurden.