Bd. 67 Nr. 4 (2025): atp magazin

Die vorliegende Ausgabe des atp magazins bewegt sich thematisch im Umfeld der All Electric Society - mit einem Fokus auf Elektrifizierung, Energieeffizienz und neue Energieträger wie Wasserstoff. Die zentrale Frage lautet: Wie bereitet sich die Automatisierungstechnik auf diesen Wandel vor? Technologisch ist die Branche bereit, doch es fehlt an Regulierung und politischem Willen zumal nach dem Wahlausgang und der abzuwartenden Regierungsbildung.
Die Automatisierungstechnik steht in den Startlöchern, wie Sie in den verschiedenen Beiträgen in dieser Ausgabe lesen können – doch ohne genügend grünen Strom und klare politische Rahmenbedingungen bleibt die Umsetzung herausfordernd.
Die Interview-Highlights
„An KI führt bald kein Weg mehr vorbei“
Die installierte Basis in der Prozessindustrie ist die große Herausforderung für die digitale Transformation der Branche, schließlich werden inzwischen Anlagenlaufzeiten von bis zu 50 Jahren diskutiert. Wie es dennoch gelingen kann, das Brownfield digital aufzurüsten und warum das in jedem Fall notwendig ist, erklärt Axel Lorenz, CEO Process Automation bei Siemens, im Interview.
„Der DPP4.0 öffnet die Welt der digitalen Services“
Mit dem Digital Product Passport (DPP) müssen auf dem Weg zur Circular Economy auf Wunsch der EU-Kommission zukünftig alle Herstellerangaben von Produkten digital einsehbar sein. Im Interview erklärt Prof. Dr.-Ing. Dieter Wegener, Sprecher des ZVEI-Führungskreises Industrie 4.0, wieso dies mit dem Digital Product Passport 4.0 (DPP4.0) am einfachsten ist und warum er für die Entwicklung digitaler Geschäftsmodelle unbedingt notwendig ist.
Die peer-reviewten Hauptbeiträge
Digitale Produktpässe: Daten smart mit KI verknüpfen
Datenmodelle wie die Verwaltungsschale oder auch der digitale Produktpass gelten als ein Schlüssel zur notwendigen Digitalisierung unserer Industrie. Abgesehen davon, dass diese selbst bei Neukonzeptionen noch zu selten benutzt werden, stellt sich immer häufiger die Frage, wie man bestehenden Daten in ein neues Datenmodell integrieren kann. In diesem Beitrag zeigen die Autoren, wie mittels der Methode des Semantic Matching, die sie zunächst eingänglich erläutern, Daten aus heterogenen Quellen gesucht und in ein neues Modell überführt werden können. Eine solche Automatisierung erspart viel händischen Engineering-Aufwand und kann auch Übertragungsfehler vermeiden.
Datendurchgängigkeit im Anlagenentstehungsprozess
Domänenübergreifende Datenmodelle sind auch in der Fertigungsindustrie und insbesondere im Automobilbau ein großes Thema. Sie sollen insbesondere den gesamten Engineering-Prozess durch digitale Zwillinge effizienter machen. Der vorliegende Beitrag entstand im Rahmen des DIAMOND-Projektes. Das Autorenteam beschreibt, wie dort zunächst die bestehenden Prozesse, Dokumente und Datenformate analysiert und darauf aufbauend ein domänenübergreifendes, gemeinsames Informations- und Datenmodell (Common Data Model - CDM) entwickelt wurde. Zur Realisierung wurde auf AutomationML und die Verwaltungsschale gesetzt. In dem Beitrag wird gezeigt, wo und warum der jeweilige Ansatz eingesetzt wurde und wie sich die nötigen Übergänge gestalten lassen. Zwei Anwendungsbeispiele (einmal aus dem Anlagenlayout und einmal aus der virtuellen Inbetriebnahme) zeigen, wie mit dem Ansatz Daten verschiedener Entwicklungsschritte aus Tools verschiedener Hersteller integriert werden können.
Design und Erprobung einer Infrastruktur für modulare Prozessanlagen
Modulare Anlagen sind ein vielversprechender Ansatz zur Steigerung der Flexibilität in der Prozessindustrie. Mit MTP steht der Automatisierungstechnik hier ein ausgereiftes Konzept zur Orchestrierung der Anlagensteuerung bereit. Bestehende Kommunikationsprotokolle sorgen für die problemlose informationstechnische Vernetzung. Aber schlussendlich muss die modulare Anlage auch in Hardware aufgebaut werden und die Module müssen Stoff- und Energieströme austauschen können. Konzepte fürdie dazu erforderliche Infrastruktur befinden sich noch in der Entwicklung. Und es stellt sich die zentrale Frage, was eine Infrastruktur bereitstellen sollte und wofür die Module selbst verantwortlich sind beziehungsweise ob benötigte Funktionalitäten von der Infrastruktur kommen oder zusätzliche Module benötigt werden. Die Autoren dieses Beitrags diskutieren diese Fragen zunächst allgemein und beantworten sie dann exemplarisch am Beispiel einer Laboranlage der TU Dresden (P2O-Lab). Es werden sowohl die Anforderungsanalyse als auch das Umsetzungskonzept beschrieben, das zu einem sogenannten Blue Field führt: einer Infrastruktur mit allen relevanten Anschlüssen für Medien-, Strom- und Netzwerk sowie einer für die späteren Module bereitgestellten Sicherheitsarchitektur.