Bd. 67 Nr. 10 (2025): atp magazin
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Nur wer teilt gewinnt! Das ist die Kernbotschaft dieses Heftes zur SPS 2025, das damit den Finger tief in die Wunde aller Pionierinnen und Pioniere legt, die sich seit Jahren für Datenräume und Interoperabilität einsetzen. Denn obwohl mit dem unaufhaltsamen Aufstieg des Cloud Computing die technologische Basis für das „Sharen“ schon lange gelegt ist, wenn es um das wirkliche Teilen von Unternehmensdaten mit Dritten geht, gibt es noch immer Vorbehalte in der produzierenden Industrie.
Trotzdem ist unbestritten, dass „der Austausch auf Basis von sicheren Datenökosystemen kein Risiko,sondern eine Chance darstellt“, wie es Frank Schnicke vom Fraunhofer IESE im Interview ab S. 10 erklärt. Und dieser Austausch ist dabei nicht mehr auf einzelne Datenpunkte beschränkt, inzwischen wird auch das Teilen vollständiger Digital Twins vorangetrieben, was ganz neue Wertschöpfungsketten und Ökosysteme entstehen lässt.
Aber wie gelingt es nun, den souveränen Datenaustausch zwischen Unternehmen unter Wahrung von Datenschutz, Eigentumsrechten und Nutzungsbedingungen in der Breite zu etablieren? Das atp magazin 10/2025 zeigt genau dafür erste Ansätze, stellt Projekte vor und wagt einen Blick in die Zukunft.
Die Interview-Highlights:
„Der Digital Twin wird zentrales Steuerungselement der Industrie“
Insbesondere, wenn es darum geht, neue Geschäftsmodelle zu entwickeln oder gemeinsam neue Projekte voranzutreiben führt heute kaum ein Weg am Teilen von Daten über Datenräume vorbei. Welche Vorteile das hat und warum es zunehmend wichtiger wird, sogar ganze Digital Twins auszutauschen, erklärt Frank Schnicke, Leiter der Abteilung „Digital Twin Engineering“ am Fraunhofer IESE, im Interview.
„Ohne Interoperabilität keine Data Spaces”
Data Spaces und Interoperabilität sind für den sicheren und nutzbringenden Austausch von Maschinen- und Betriebsdaten im Maschinenbau erfolgskritisch, denn ohne sie fehlt die Basis für neue, datenbasierte Geschäftsmodelle und KI-Anwendungen. Im Interview zeigt Andreas Faath, Geschäftsführer der VDMA-Abteilung Machine Information Interoperability (MII), wie OPC UA und deren Companion Specifications dabei helfen und was im Fokus des VDMA-Auftritts auf der SPS 2025 in Nürnberg steht.
Die peer-reviewten Hauptbeiträge
„Wie entstand das Datenmodell, das das Anlagenengineering revolutionieren soll?“
Data Model für den Anlagenentstehungsprozess
In vorigen Ausgaben der atp wurde bereits über Ergebnisse aus dem Projekt DIAMOND berichtet. Der vorliegende Beitrag stellt nun das dort entwickelte Datenmodell für den Anlagenentstehungsprozess im Detail vor. Gerade im Anlagenengineering kann durch domänenübergreifende Ansätze wie sie hier entwickelt wurden die Effizienz erheblich gesteigert werden. Das Datenmodell integriert dabei bestehende Tool-Landschaften und macht sie interoperabel. Das zeigen erste Praxisbeispiele, die im Beitrag diskutiert werden.
„Wie kann ich mit der VIBN Energie sparen?“
Digital Twins for increased Sustainability in Manufacturing
In der automatisierten Produktion und Montage müssen in der Entwurfs- und Planungsphase Entscheidungen zunächst über den Einsatz geeigneter Roboter und der zugehörigen Montagetechnik und danach über die Bewegungsplanung getroffen werden. Die virtuelle Inbetriebnahme (VIBN) setzt sich dabei als Werkzeug immer mehr durch. Die möglichen Roboterproduktionsmodule sind dabei idealerweise durch Verwaltungsschalen (VWV, AAS) beschrieben, die auch Simulationsmodelle enthalten. Für die Einbindung der Simulationsmodelle hat sich das Functional Mockup Interface (FMI) etabliert. Der Beitrag zeigt, wie durch Integration entsprechender Daten bereits in frühen Phasen der VIBN Aussagen zum Energieverbrauch bzw. den erwarteten CO2-Emissionen gemacht werden können. Eine dadurch ermöglichte Optimierung noch in der VIBN erlaubt die Steigerung der Nachhaltigkeit der robotischen Fertigung.
„Wie schließe ich Safety-Aktoren günstig an?“
Sicherheitsgerichtete Feldbus-Schnittstelle für Aktoren
Die funktionale Sicherheit stellt eine wesentliche Herausforderung in der Automatisierungstechnik dar. Dies gilt auch in der Fertigungstechnik, insbesondere beim Einsatz autonomer mobiler Roboter oder gar Cobots. Im Bereich der Sensorik haben sich hier bereits Feldbus-Schnittstellen bewährt, die bei funktional sicheren Sensoren eine weitere aufwendige Sicherheitszertifizierung durch ein Qualitätsmanagement ersetzen lassen. Der vorliegende Beitrag zeigt, wie sich dieses kostengünstige Konzept auf die Aktorik erweitern lässt.
„Geht VIBN auch für KMU?“
Durchgängige Integration der Virtuellen Inbetriebnahme
Gerade kleine und mittlere Unternehmen (KMU) tun sich oft noch schwer damit, die Potenziale der Digitalisierung zu nutzen. Dies gilt auch für die Methoden der virtuellen Inbetriebnahme. Im vorliegenden Beitrag wird ein Konzept präsentiert, das sich in bestehende Engineering-Prozesse von Systemlieferanten integrieren lässt. Dabei werden Simulationsmodelle für die VIBN automatisch aus Engineering-Daten generiert. Dieser neue Ansatz soll insbesondere KMU im Sondermaschinenbau dazu befähigen von der Digitalisierung zu profitieren.
„Kann die KI mein Anlagenengineering übernehmen?“
Engineering Data Funnel
Der Einsatz von Methoden der künstlichen Intelligenz schreitet auch im Anlagen-Engineering stetig voran. Noch ist es aber oft so, dass Daten für die Anwendung spezifischer KI-Werkzeuge aufbereitet und später die Ergebnisse mit weiteren Tools nachbereitet werden müssen. Agentische KI versucht diese Prozesse weiter zu optimieren. Dabei arbeiten KI-Agenten autonom und rufen selbst bspw. externe Werkzeuge auf oder stellen Anfragen an Datenbanken. Die Ergebnisse können dann wiederum von anderen Agenten weiterverarbeitet werden. Die Funktion solcher agentischen KI und die nötigen Datentransformationen werden im vorliegenden Beitrag beschrieben. Beispiele aus verschiedenen Industriesegmenten zeigen, was mit diesem Ansatz bereits möglich ist.